Businessfoto-Muenchen

Auftragsstornierung

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Maaßen, BFF-Justiziar

Es kommt immer wieder vor, dass Fotografen für eine Produktion gebucht werden und der Kunde den Job dann kurz vor Beginn des Shootings absagt oder die Aufnahmearbeiten vor der Fertigstellung der Bilder abbricht.

Es kann auch passieren, dass die Fotoproduktion zwar zu Ende geführt wird, der Kunde dann aber entscheidet, die Bilder nicht einzusetzen. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Fotograf trotz der Auftragsstornierung und trotz des Verzichts auf eine Verwertung der Bilder das vereinbarte Honorar beanspruchen kann.

Wenn ein Fotograf mit einer Fotoproduktion beauftragt wird, schließen die Beteiligten in der Regel zwei Verträge ab. Der erste Vertrag ist ein Werkvertrag, der den Fotografen zur Anfertigung der gewünschten Bilder und den Auftraggeber zur Zahlung der dafür vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der zweite Vertrag ist ein Verwertungsvertrag, der deswegen abgeschlossen werden muss, weil jede Fotografie urheberrechtlich geschützt ist und die von dem Fotografen aufgenommenen Bilder für den Auftraggeber deshalb nur dann verwertbar sind, wenn er zuvor die urheberrechtlichen Nutzungsrechte erwirbt. Gegenstand des Werkvertrages ist die Produktion der Bilder, während es bei dem Verwertungsvertrag um die Einräumung der Nutzungsrechte an der Fotoproduktion geht.

Ist ein Vertrag erst einmal zustande gekommen, bindet er beide Parteien. Allerdings sieht das Gesetz (§ 649 BGB) vor, dass der Auftraggeber den Werkvertrag bis zur Beendigung der Fotoproduktion jederzeit kündigen darf. Während also der Fotograf nach Vertragsabschluss nicht ohne weiteres „kneifen“ kann und die Produktion zu Ende bringen muss, auch wenn es ihm nicht mehr passt, hat sein Vertragspartner die Möglichkeit, sich bereits vor Beginn des Shootings oder mittendrin ohne Angabe irgendwelcher Gründe von dem Vertrag zu lösen. Was zunächst wie eine große Ungerechtigkeit des Gesetzgebers aussieht, erweist sich bei näherem Hinsehen als eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Denn auf der einen Seite soll niemand dazu gezwungen werden, eine Leistung abzunehmen, an der er nicht mehr interessiert ist. Auf der anderen Seite entsteht dem Fotografen durch eine solche Kündigung kein Schaden, denn er behält grundsätzlich den Anspruch auf die volle Vergütung. Storniert also der Kunde den Auftrag, bevor der Fotograf mit den Aufnahmen begonnen hat, oder bricht er die bereits begonnene Arbeit noch vor deren Fertigstellung ab, kann der Fotograf ungeachtet der Tatsache, dass er die vereinbarte Leistung nicht erbracht hat, die bei Vertragsabschluss zugesagte Vergütung für die nun nicht mehr gewünschte Leistung verlangen.

Der prinzipielle Anspruch auf die volle Vergütung wird lediglich durch zwei Vorbehalte eingeschränkt. Zum einen muss sich der Fotograf auf die Vergütung anrechnen lassen, was er infolge der vorzeitigen Aufhebung des Vertrages an Kosten einspart. Sollte also die vereinbarte Vergütung auch Reisekosten oder Kosten für Filmmaterial abdecken, so müssen diese Kosten von der Vergütung abgezogen werden, weil sie wegen der Auftragsstornierung nicht angefallen sind. Zum anderen ist auch das anzurechnen, was der Fotograf durch Ersatzaufträge erwirbt. Wer also nach der Vertragskündigung einen anderen Auftrag übernehmen kann, den er sonst aus Zeitgründen hätte ablehnen müssen, kann allenfalls die Differenz zwischen der Vergütung für den gekündigten Auftrag und dem Verdienst aus dem Ersatzauftrag fordern. Diese Rechtsfolge lässt sich auch nicht dadurch vermeiden, dass man den Ersatzauftrag einfach ausschlägt, denn anzurechnen ist auch der Verdienst, den zu erwerben jemand böswillig unterlässt. In der Praxis wird es allerdings kaum passieren, dass sich ein Fotograf einen Ersatzverdienst anrechnen lassen muss. Da ein Freiberufler nicht an feste Arbeitszeiten gebunden ist, kann er prinzipiell jeden Auftrag ausführen, der ihm angeboten wird. Es dürfte deshalb nur selten die Situation eintreten, dass sich ein Fotograf zwischen zwei Aufträgen entscheiden muss.

Da sich viele Auftraggeber die Möglichkeit offen halten wollen, den Produktionsvertrag jederzeit frei kündigen zu können, zugleich aber die soeben beschriebenen finanziellen Folgen vermeiden möchten, wird häufig versucht, die Vergütungsansprüche des Fotografen bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung auf die bereits erbrachten Leistungen zu beschränken. Meist geschieht das im „Kleingedruckten“, also in den Geschäftsbedingungen, die der Kunde dem Fotografen mit der Auftragsbestätigung übermittelt. Dort heißt es dann zum Beispiel: „Kündigt der Auftraggeber den Vertrag vor Abschluss der Fotoproduktion, sind lediglich die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zu vergüten.“ Solche Beschränkungen sind jedoch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht zulässig, weil sie den Auftragnehmer – in diesem Fall also den Fotografen – entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Der BGH hat deshalb AGB-Klauseln, die den gesetzlich vorgesehenen Anspruch auf die volle Vergütung einschränken, in einem Urteil vom 12. Juli 2007 (Az VII ZR 154/06) für unwirksam erklärt.

Damit ist zwar die Vergütung für die Produktionsleistung weitgehend gesichert, doch bleibt zu klären, was denn aus dem Honorar für die Einräumung der Nutzungsrechte wird, wenn der Auftraggeber den Werkvertrag vorzeitig kündigt oder auf eine Verwertung der Bilder verzichtet, die der Fotograf für ihn produziert hat. Viele Kunden sind der Meinung, dass sie die Nutzungsrechte nur bezahlen müssen, wenn der Werkvertrag zu Ende geführt wird und sie die Fotos anschließend auch tatsächlich nutzen. Das ist jedoch ein Irrtum, denn der Verwertungsvertrag, der mit Abschluss des Werkvertrages über die Fotoproduktion zustande kommt, ist für beide Parteien bindend. Er kann vom Auftraggeber – anders als der Werkvertrag – auch nicht einfach gekündigt werden. Zwar steht es ihm frei, den Werkvertrag vorzeitig zu beenden und damit die Anfertigung der Bilder zu verhindern, an denen er Nutzungsrechte erwerben soll. Eine solche Maßnahme lässt aber seine Verpflichtung, die für die Einräumung der Nutzungsrechte vorgesehene Vergütung zu zahlen, nicht entfallen. Der Fotograf behält also seinen Anspruch auf das Nutzungshonorar, auch wenn die zur Nutzung vorgesehenen Bilder wegen der Stornierung des Produktionsauftrags nicht hergestellt werden.

Erst recht behält er seinen Honoraranspruch in den Fällen, in denen der Auftraggeber nach Fertigstellung der Aufnahmen erklärt, dass er die Bilder nicht nutzen will. Da ein Fotograf die Nutzungsvergütung nicht für die tatsächliche Nutzung, sondern dafür erhält, dass er dem Auftraggeber durch die Einräumung der Nutzungsrechte die Möglichkeit zur Nutzung verschafft, ist es Sache des Auftraggebers, ob er von dieser Möglichkeit auch Gebrauch macht. Wenn er darauf verzichtet, lässt das den Honoraranspruch des Fotografen unberührt.